Mittwoch, 10. Dezember 2014

Raus aus der Komfortzone - gehen wir es an!

Ein Kommentar von Horst Köpfelsberger (Gemeindepolitiker und Bürger in Koppl/Land Salzburg) zum bePart Blogpost von 5.Dezember:

Grundsätzlich krankt das System meiner Meinung nach gewaltig. Während sich politische Entscheidungsträger hinter meterdicken medialen Mauern verschanzen, schieben die anderen das Gefühl der Ohnmacht vor, da ohnedies nichts zu ändern sei und schimpfen auf „die da oben". Eine ziemliche Pattstellung also. Aber wo ansetzen? Vermutlich besteht Hoffnung bei den BürgerInnen, da die politischen EntscheidungsträgerInnen ja von den BürgerInnen legitimiert sind, Selbstbestimmung und Partizipation als Schneeballprinzip sozusagen. Dazu gehört auch eine entsprechende (respektvolle) Gesprächskultur von beiden Seiten und  die Offenheit zum Dialog. u.U. auch eine Sichtweise, die den eigenen, persönlichen Vorteil in die zweite Reihe stellt (was wir BürgerInnen ja auch immer von den PolitikerInnen erwarten) und das Gemeinwohl in den Vordergrund rückt. Unbestritten: Partizipation ist anstrengend und mühsam, aber ohne Engagement und mitunter auch Druck vom Souverän (= Bevölkerung) wird eine Veränderung des Systems schwierig sein.

Vorschläge aus meiner Sicht:
  • Wahlen ernst nehmen. Abwägen, entscheiden, hingehen, Kreuzerl machen bzw. selber kandidieren, wenn niemand passender dabei ist.
  • Mitbestimmungswerkzeuge aktiv gebrauchen und einfordern
  • Kritisches Hinterfragen der in den Medien verbreiteten Sichtweisen (v.a. bei Abstimmungen u.a.BürgerInnenbeteiligungsmodellen", Stichwort: „Bundesheerabstimmung“)
  • Kontakte pflegen (Anwesenheit von BürgerInnen in öffentlichen Sitzungen, Sprechstunden etc.) und ehrliches Feedback geben
  • Rein in die Parteien – wenn’s keine entsprechenden gibt, selber welche gründen und sich dem demokratischen Wettbewerb stellen
Die Frage zu den Fehlentscheidungen (ohne jetzt irgendwelche politischen EntscheidungsträgerInnen entschuldigen zu wollen, die MwSt.-Erhöhung ist wohl das Letzte) ist auch nicht einfach zu beantworten. Die meisten politischen Entscheidungen sind ja nicht Schwarzweiß, als politische/r EntscheidungsträgerIn überlegt man (idealerweise) im vorgegebenen (immer enger werdenden) finanziellen und rechtlichen Korsett und trifft dann eine Ja/Nein-Entscheidung. Und das ist auch nicht immer einfach und eine Entscheidung für etwas oder jemanden, ist auch meist eine Entscheidung gegen etwas oder jemanden. Hier sollte man als BürgerIn auch die Möglichkeit zur Mitarbeit nutzen, wo es geht. Zugegeben im Bund und im Land schwierig (aber auch nicht unmöglich), aber auf Gemeindeebene sollte das eigentlich mit relativ geringem Aufwand möglich sein. Aber selbst dort ist Mitsprachen/Mitbestimmung und Mitgestaltung kaum vorhanden. Der Grund dafür ist mir persönlich ein Rätsel, da muss ich den Ball der Verantwortung schon AUCH an die BürgerInnen zurück spielen. Obwohl wir als Fraktion z.B. in der Gemeinde ständig informieren, unsere Kontaktdaten öffentlich ausgehängt sind, einen Blog und eine Facebookseite betreiben, quartalsweise eine Zeitung zu Fuß an jeden Haushalt im Ort verteilen, wurde ich einmal (!) im letzten Jahr wegen eines konkreten Anliegens kontaktiert (da muss ich mich irgendwann auch ganz ehrlich fragen, ob es der (unbezahlte) Aufwand wert ist). Den Rest muss ich mir mühsam aus Akteneinsichten, Recherchen, Gesetzestexten, Amtsberichten, Gerüchten etc. zusammen suchen. Aber würde nicht der/die AnrainerIn zusätzlich die Lage vor Ort besser kennen und mit seinem Alltags-Know How wesentlich zu einer Verbesserung des Lebensumfeldes beitragen? Also, auch wenn das jetzt frech wirkt: wer die Prozesse in unserem Land zwar zurückgelehnt erste Reihe fussfrei passiv mitverfolgt und auf die PolitikerInnen schimpft, aber seinen Hintern nicht aus dem Sofa hochkriegt, der braucht sich nicht wundern, wenn andere über sie/ihn entscheiden. In diesem Sinne: Gehen wir’s an!

DI Horst Köpfelsberger (Bürger und Gemeindepolitiker in Koppl/Land Salzburg)


Freitag, 5. Dezember 2014

Lassen wir uns nicht abfüttern - oder: müssen wir Verständnis für politische Fehlentscheidungen zeigen?

Die derzeit diskutierte Erhöhung der Mehrwertsteuer für Bücher, Theaterkarten, Blumen und vieles andere, also die höhere Besteuerung unserer Bildung und Freizeit, lässt Proteste aus dem Kulturbereich und Buchhandel hörbar werden. Das ist gut so. Als ich gestern von den Plänen des österreichischen Finanzministers las, war ich, aufgrund dieser unverständlichen und aus gesamtwirtschaftlicher Sicht großen Ungerechtigkeit, richtig verärgert . Aber wo sind die Proteste der Menschen die es tagtäglich betreffen wird? Während wir für die eine oder andere Theaterkarte 2-3 Euro mehr bezahlen müssen und so das Hypodebakel finanzieren sollen, schieben Riesenkonzerne ihre Millionen von einem Land zum anderen. Das Geld ist im Fluss, denn im Land Liegengebliebenes wird versteuert, so machen Starbucks, Amazon und wie sie alle heißen gutes und unsauberes Geld.

Ich für meinen Teil versuche als mündige Konsumentin zu leben, mit dem Bewusstsein selbst aktiver Teil des Marktes zu sein, zumindest so gut es mir möglich ist. Ganz unter dem Motto „ich lass mich nicht abfüttern“ versuche ich mein Kaufverhalten in Richtung Nachhaltigkeit und Umweltschonung zu lenken. Zugegeben, es gelingt mir nicht immer, aber immer öfter und es gibt mir ein besseres Gefühl mein Obst und Gemüse nicht im konventionellen Einzelhandel, sondern bei der Nachbarin, einer Biobäuerin, zu kaufen. Ich achte darauf Bücher in meiner Lieblingsbuchhandlung und nicht bei Amazon zu erwerben, auch wenn ich zukünftig  mehr an Steuern dafür zahlen muss. Wird mich mein Buch anstatt wie bisher 22 Euro vielleicht 24 kosten, werde ich mich darüber ärgern und das eine oder andere Buch nicht kaufen. Ich habe das große Glück mir die angedrohte Steuererhöhung grundsätzlich leisten zu können, dies trifft auf viele armutsgefährdete, oder von Armut betroffene Menschen nicht zu. Und genau hier liegt das große Problem, Bildung wird für viele Menschen nicht mehr leistbar sein. Aber Bildung soll nicht zum Privileg werden, sondern eine Selbstverständlichkeit sein. Jede und jeder soll die gleichen Chancen auf Bildung haben, sei es der Erwerb eines Buches, eines Theaterstückes, oder die Zirkuskarte für den Dreijährigen. 

Aber warum werden solche finanzpolitischen Entscheidungen getroffen, wo doch jeder weiß, dass gerade in der Wirtschaft, oder bei den Vermögenden Geld zu holen wäre? (Stichwort Vermögenssteuer, Steuerbetrug und internationaler Geldtransfer von Großkonzernen etc.) Dies alles steht doch in einem Widerspruch zu der von der Politik hochgelobten und versprochenen Transparenz und Aufrichtigkeit. Und was ist eigentlich mit der bürgernahen Politik? Müssen wir Verständnis für politische Fehlentscheidungen zeigen?

Es bestätigt sich wieder einmal, die Finanzpolitik lässt uns beinhart die Grenzen von Mitbestimmung und einer vitalen Demokratie spüren, das tut weh. Aber wo gibt es die Möglichkeit mitzubestimmen und in Dialog zu treten, wo werde ich gehört? Viele Menschen fragen sich zu Recht: „Warum soll ich mich beteiligen und engagieren, wenn in vielen Bereichen meines Lebens über meinen Kopf hinweg entschieden wird?“ Die Leute fühlen sich aufgrund von Fehlentscheidungen, nicht eingehaltenen Versprechungen und Finanzkorruption nicht mehr ernst genommen. Eigentlich absolut verständlich. Aber, und das ist meine innere Überzeugung: wir sind die Veränderung, beginnen wir in unserem eigenen Umfeld, gestalten wir die Gegenwart und die Zukunft. Leisten wir zivilgesellschaftliches Engagement, machen wir uns soweit es uns möglich ist autark und leben wir selbstbestimmt. Sei es nur indem wir unser Kaufverhalten ändern. Und nehmen wir jede Möglichkeit die sich uns bietet wahr, mit der Politik in Dialog zu treten, denn wer nicht gestaltet wird gestaltet! 

Dienstag, 4. November 2014

Wir sitzen doch alle in einem Boot: politische Teilhabe und soziale Inklusion

"Bei politischer Teilhabe geht es darum, dass Experten in eigener Sache schon am Anfang gefragt werden, wenn es um Verbesserungen oder um Neugestaltungen geht und nicht immer nur die Fachexperten. Und der 2. Punkt ist dann: Wenn man Menschen mit Lernschwierigkeiten um ihre Meinung fragt, dann muss man ihre Meinung auch ernst nehmen. ​Das steht auch in der UN-Konvention. Und ich meine auch, unsere Meinung soll nicht nur kurz abgefragt werden. Ich bin dafür, dass Arbeitsgruppen als Sitzungen ohne Hindernisse gemacht werden. Also die Sitzungen sollen so gemacht werden, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten wirklich auf Augenhöhe mitarbeiten können." (Erich Girlek, Selbstvertreter:
http://salzburg.gruene.at/themen/demokratie/monitoringausschuss-politische-teilhabe-ist-mehr-als-waehlen-gehen)

Erich Girlek bringt es sehr klar auf den Punkt. Mitbestimmung und politische Teilhabe sollen nicht ein Privileg sein, sondern selbstverständlich, für alle Menschen.

In den letzten Jahren kam es im Bereich der Demokratisierungsprozesse einerseits zu sehr positiven Entwicklungen, vor allem wurde der Bereich Bürgerbeteiligung deutlich aufgewertet. Andererseits sind auch Zustände zu finden, in denen Personen oder soziale Gruppen jenen Platz in der Gesellschaft verloren haben wo sie ihre Interessen auch vertreten wissen, oder einfach ihrem Unmut Platz machen können. Diese Form sozialer Exklusion führt langfristig zu Vertrauensverlust und Politikverdrossenheit bei den Betroffenen und daher ist bürgerschaftliches Engagement gerade dort, wo es am meisten notwendig wäre, nämlich bei den Randgruppen, am schwächsten vertreten. Es muss daher eine stärkere Einbindung der von Exklusion betroffenen Gruppen forciert werden. Soziale Inklusion kann durch verstärkte Bürgerbeteiligung speziell im kommunalen Bereich bestimmten Randgruppen die Möglichkeit geben sich als Teil des inklusiven Gemeinwesens zu sehen, da sich Maßnahmen zur Förderung von Selbstbestimmung und Teilhabe bieten. Die Kunst ganzheitlicher und nachhaltig wirksamer Beteiligungspolitik ist es eben gerade jene Menschen zu erreichen denen Beteiligung nicht nahe liegt, da sie z.B. unter Bedingungen leben die die politische Teilhabe erschweren.

Lothar Heusohn (2011: 183) beschreibt in seinem Beitrag „Aktive Bürgerbeteiligung für Menschen mit geistiger Behinderung“ zukunftsorientierte Perspektiven die sich für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung durch die Möglichkeit politischer Teilhabe ergeben können. Unter dem Motto des von der Europäischen Union beschlossenen Europäischen Jahres für Menschen mit Behinderung „'Nichts über uns ohne uns'“ (Heusohn 2011: 183) soll die Selbstbestimmtheit dieser Zielgruppe gestärkt werden und zu einem weit reichenden Perspektivenwechsel beitragen:
- keine Ausgrenzung durch Fürsorge, sondern uneingeschränkte Teilhabe
- statt abwertendes Mitleid völlige Gleichstellung
- statt wohlmeinende Bevormundung ein Recht auf Selbstbestimmung.

Geistige und mehrfache Behinderung soll  keinen Grund darstellen, diese Personengruppe von gesellschaftlicher und politischer Partizipation auszuschließen. Auch wenn ein Mensch mit Behinderung viel Hilfe und Unterstützung dabei benötigt, so soll ihm die Teilhabe gewährt werden. Dazu gibt es in Deutschland und Österreich bereits einzelne Projekte die darauf abzielen diesen Menschen zu zeigen wie sie selbst ihre Lebenswelt mitgestalten können. Hier wird versucht Menschen mit Behinderung aus ihrem institutionellen Umfeld heraus mit anderen betroffenen Personen zusammenzubringen um sich auszutauschen, aber auch wie sie mit Menschen aus ihrem direkten Umfeld kooperieren können. Ein wichtiger Punkt wäre vor allem das Selbstvertrauen dieser Menschen dafür zu stärken eine aktive Rolle in der Gestaltung ihres Lebens zu übernehmen, da sie über sehr lange Zeit von Fremdbestimmung betroffen waren. Das betrifft nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern auch andere Zielgruppen die am Rande unserer gesellschaftlichen Strukturen leben, denn es gibt viele Personengruppen, die nicht über die entsprechenden kommunikativen Fähigkeiten für neue zivilgesellschaftliche Ausdrucksformen verfügen oder die sich einfach an den Rand gedrängt fühlen.

Montag, 3. November 2014

Masterplan für Bürgerbeteiligung in der Stadt- und Raumplanung

Die Stadt Wien erarbeitet derzeit einen Masterplan für die zukünftige partizipative Stadt- und Raumplanung. Es werden Möglichkeiten und Formen aufgezeigt, wie lebendige Lebensräume unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung geschaffen werden können. 
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